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Die alten Protagonisten sind müde

Weit über 35 Jahre klettere ich nun im Frankenjura und beobachte das Geschehen. In all den Jahren hat sich natürlich viel getan. Die Zeit steht auch hier nicht still. Selbst wenn das manche gerne so hätten. Tausende neuer Routen wurden erschlossen, vieles renaturiert. Anderes sanft saniert. Aber nie modernisiert und weiterentwickelt. Eine Perestroika gab es nicht.

Für meine sicherheitsorientierten Routen, die ich einbohrte sowie für die dazugehörigen Sicherheitsappelle wurde ich ein Kletterleben lang geächtet.

Doch die Protagonisten scheinen müde zu werden.

"Quo vadis Frankenjura?" zierte vor vielen Jahren einmal die Überschrift einer meiner zahlreichen Artikel. Selten war das Thema so aktuell wie in diesen Zeiten. Kletterer aus allen Regionen Europas strömen nach Franken. Und der Sommer und die Ferien fangen gerade erst an. Unfallzahlen schnellen in die Höhe. Konflikte mit Einheimischen, die sich normalerweise mit stoischer Ruhe und einer gewissen Neugier, das Treiben aus der Ferne anschauen sind somit vorprogrammiert. An vielen durchgeschliffenen Umlenkhaken ticken Zeitbomben. Einsteiger aus den Hallen haben nicht die nötige Erfahrung, um mit den Anforderungen draussen am Fels umzugehen. Motivierte, übereifrige Zeitgenossen setzen Bohrhaken ohne jegliche Fachkompetenz, dass es einem die Nackenhaare aufstellt. Umlenkungen in lockeren Blöcken, Haken die nicht am Fels aufliegen und einen ganzen Zentimeter aus der Wand stehen. Manche im spitzen Winkel in den Überhang gesetzt. Hakenpositionen, die nach wie vor bis zum dritten Sicherungspunkt Bodenstürze zulassen. Verbundanker die sich durch nicht fachgerechtes Setzen im Laufe der Zeit lockern usw.

 

Viele Menschen, viele Probleme

Vor Jahren dachten die Funktionäre der IG-Klettern, je schlechter die Absicherung "ihrer" Routen, desto weniger Kletterer. Denkmäler werden nach wie vor gepflegt aber nicht restauriert. Bestes Beispiel ist das legendäre Kühloch. Wo vor 20 Jahren aufgrund der Absicherung niemand kletterte, stehen heute nicht nur an schönen Wochenenden die Kletterer Schlange. Man muss nicht mehr von hinten an die Ausstiege laufen. Der moderne 12 Meter Clipstick ersetzt das frühere "Ökostöckchen aus dem Wald, an dem damals mühsam ein Karbiner mit Tape fixiert wurde.

Eine Route wird nach wie vor als das physische und geistige Eigentum des Erstbegehers angesehen, welches dann im Kletterführer lebenslänglich patentiert wird.  Möchte jemand etwas daran verändern wird die Flex gezogen, wie einst der Colt im wilden Westen.

Lächerlich und kurzsichtig, prophezeite ich ihnen schon damals. Doch sie haben es geschafft die Masse damit einzuschüchtern und viele auf ihre Seite ziehen können. Nun traut sich niemand mehr auch nur einen "Mucks" zu machen. Manche Felsen und Routen schauen aus wie Friedhöfe oder ein alpines Freilichtmuseum.

An den wenigen gut gesicherten Felsen kann man an schönen Frühsommertagen nicht selten zwischen 30 und 50 Kletterer zählen. Das dies unweigerlich zu Problemen führen muss, dürfte jedem klar sein.

 

Es braucht Leute mit Eiern in der Hose, die sich engagieren!

Die einst so rührige IG und dessen Protagonisten haben sich anscheinend aus dem Geschehen verabschiedet. Der Lorbeerkranz ist längst vertrocknet. Sie sind anscheinend müde. Nun braucht es dringend Menschen, die Verantwortung und Lenkung übernehmen und für das Gebiet eine neue Ära einleiten. Nachhaltig, solidarisch und mit dem nötigen Weitblick. Für einen sicheren Klettersport und ein Miteinander, daß die verschiedenen Interessen berücksichtigt, unter Einbeziehung der lokalen Bevölkerung.

 

Was wir nicht brauchen sind Flexer, die die Arbeit anderer zerstören und Ewiggestrige, die an ihren alten vermoderten Leichentüchern festhalten. Die Vielfalt der Kletterei muss erhalten werden! Aber nicht an 600 brachliegenden Felsen.

Vernünftige Absicherung ist nicht gleichzusetzen mit Plaisir. Hakenpositionen müssen durchdacht sein. Viel hilft nicht unbedingt viel!

 

Helle Köpfe braucht das Land

Es braucht helle Köpfe, die verhandlungssicher mit Behörden zusammenarbeiten. Rechtsanwälte die hierbei unterstützend wirken.

Leute die mit anpacken. Die Zustiege markieren, beim Wegebau und Sanierungen fachgerecht durchführen. Einheimische, die die Sprache der Locals sprechen, ihre Probleme verstehen und deeskalieren. Naturparkranger, die andere auf Fehlverhalten hinweisen und bei Uneinsichtigkeit notfalls mit Polizeigewalt eingreifen.

Führerautoren, die sich ihrer Verantwortung bewusst werden.

Es braucht neue Sponsoren, die uns mit Material unterstützen. Diese Unternehmen verdienen gutes Geld mit der zunehmenden Zahl an Kletterern. Es wäre längst an der Zeit etwas davon zu reinvestieren und zurückzugeben.

 

All das kann die "ehemalige" Interessenvertretung der Kletterer nicht mehr leisten. Der Deutsche Alpenverein will oder möchte und kann es nicht. Also liegt es an uns allen hier etwas auf die Beine zu stellen. Dafür versuche ich mich seit Jahren zu engagieren. Bisher vergeblich!

Ich möchte nach wie vor nicht zusehen, wie eines der schönsten und letzten zugänglichen Klettergebiete in Deutschland den Bach runtergespült wird. Vor allem von Leuten die nur konsumieren wollen, nach dem Motto "nach mir die Sintflut". Von Ewiggestrigen, die alles Moderne verhindern wollen. Und von Behörden und Naturschutz, die nur darauf warten einen nach dem anderen Felsen zu sperren.

 

Noch ist Zeit zum Handeln. Doch längst ist es fünf vor Zwölf.

Wer möchte kann sich bei Frankenplaisir engagieren. Sind wir viele, sind wir stark!

Klick dich rein auf facebook und mach dich stark für deinen Sport!

 

Betzenstein, Frankenjura - an einem gewittrigen Hochsommertag.

Frankenplaisir

Volker Roth

 

 

 

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