topoguide.de schreibt hierzu:
"Hierunter verstehen wir eine komplett eingerichtete Tour, die keine großen Anforderungen an eigenständige Absicherung und Routenfindung stellt."
Man kann immer wieder nur den Kopf schütteln, was früher und auch heute noch teilweise unter diesem Begriff veröffentlicht wird. Hatte es früher Bohrhaken, war es schon Plaisir. Die Schwierigkeitsangaben wurden entweder "angepasst" und homogenisiert und im "glücklichen" Fall konnte man schwere Stellen A0 ziehen oder auf den Haken steigen. Naja, wer es mag...
In Sachen Wetter war die letzte Woche ein Volltreffer.
Unsere Routenauswahl, wie fast immer, wenn man schon viel kennt, nur bedingt. Dabei war die Kletterei meist sehr hübsch. Die Absicherung und v.a. die Schwierigkeitsangaben teilweise haarsträubend.
Doch nun eins nach dem anderen:
Teufelstalwand - Pissoir du Diable
Was man wissen sollte!
Es gibt nur einen Weg retour. Nach oben! Fluchtmöglichkeiten sind nahzu nicht existent oder noch gefährlicher als die Tour selbst, außer per Heli.
Als wir vor einigen Jahren die "Zeichen der Freundschaft"***** geklettert sind, hofften wir auch hier auf schöne Rißpassagen.
Fehlanzeige! Hierbei wurden wie so oft nur die leichtesten Stellen einer Seillänge bewertet. In Realität dürften diese bei VIII-/VIII (6c+/7a) einchecken. Und nicht selten sind sie obligat zu klettern. Zumindest aber 6b+/c auf Platten sollte man in Ruhe wegsteigen können. Statt der schönen Risse gibt es hier und da Schuppen oder Verschneidungen. Insgesamt für den Nachsteiger ein Genuss, für den Vorsteiger eher nervig. Aufpassen sollte man am Beginn der 4. SL auf einen größeren Block in der Verschneidung, der bei unsachgemäßer Behandlung sein Verfallsdatum bald erreicht. Man könnte dann durchaus in das darunter wachsende Gras beißen!
Und obwohl längst bekannt ist, dass sich am "Zustieg" in der Abseilpiste regelmäßig die Seile verhängen, war man bis dato nicht bereit, kürzere Abseillängen einzurichten. Und das, obwohl dort ständig jemand mit der Bohrmaschine unterwegs ist. Schade!
Der Zustieg ist natürlich nicht in 20 Min. erledigt, wie das Erstbegehertopo einem suggerieren möchte. Der Rückweg schon lange nicht...
In einer Route, wo man problemlos flüchten könnte, wäre das alles kein großes Ding. Hier schaut es dagegen schon anders aus.
Bächlital - "Diamant"
Klingt verlockend! Und schon lange lag diese Routenkopie in meinem Ordner. Inzwischen wurden sogar die Schwierkeitsangaben deutlich von 5+ auf 6a/b nach oben korrigiert. Doch leider sind diese nur für die absolut obligaten Passagen gedacht und keinesfalls für eine freie Begehung.
Kann das so viel Spaß machen, ständig auf Haken zur Fortbewegung zu treten oder am Haken zu ziehen, nur um eine Route "gemacht" zu haben? Oder diese als "Plaisir" verkaufen zu wollen? Gleiches gilt ebenfalls für die links verlaufende Hüttä-Hans, deren letzte Länge um zwei ganze Grade unterbewertet ist! Wobei diese Route schonmal um einiges schöner zu klettern und somit "homogener" ist.
Darüber hinaus bin ich immer wieder über meine "Longhand" froh. Denn als Kletterzwerg stecken nach wie vor unglaublich viele Haken, selbst nach Sanierungen für kleinere Kletterer, zwischen 10 bis 30 cm zu hoch. Gerade eben, aus einer "vernünftigen" Kletterposition nicht erreichbar. Nachdem ich selbst Routen einrichte, ist mir nach wie vor unklar, warum jemand so einen Kraftaufwand betreibt und überstreckt, weit über Kopf einbohrt, als aus der Schulter heraus, die Bohrmaschine in die Wand zu drücken. Aber klar, die Erstbegeher werden ja auf vielen Bildern so abgelichtet und so muss es wohl für alle weiteren Generationen richtig sein...
Den Vogel abgeschossen hat in Sachen Bewertung jedoch eine neue Route am Steingletscher. Die "Babylon" wurde durchgehend um zwei!! Grade unterbewertet. Die Absicherung ist mal sehr eng, mal weit, irgendwie komisch und inkonsistent. Dazu noch Klettern unter der Grasnabe. Naja, vielleicht wollte sich halt hier jemand verewigen. Oder was auch immer.
Gross Schijen - Südpfeiler
Schließen möchte ich mit einer *****Traumtour in bestem Granit.
(Bild links: Erste fantastische Länge)
Zwar "nur" sechs Seillängen, dafür wird kein Meter verschenkt. Allerdings sollte man auch hier gute Infos haben, die nicht von irgendwelchen Blogs sind und sich nur "vermarkten" und präsentieren möchten, ohne einen Mehrwert zu bieten. Mit einem "topoguide" ist man halt immer etwas schlauer und weis vor! Tourenantritt was einen erwartet.
Der Nachlese-Band wird allerdings bei dem Wetterwechselspiel noch etwas dauern...
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Toby Winther (Samstag, 25 Juni 2022 16:22)
Schade fanden Sie den Babylon so schlecht. Ich bin der Erstbegeher und habe ein Paar gute Rückmeldungen bekommen auch bezüglich der Bewertung. Natürlich kann Mann nicht mehr die besten Routen einrichten dort - die wurde vor 30 Jahren schon alle gemacht. Für die zweite Seillänge gibt es keine Entschuldigung, da muss der Kletterer halt über den Rasen. Persönlich kletterte ich schon alle Routen an den Platten mehrmals und wollte etwas neues Beitragen. Reich und berühmt bin ich mit meine über 100 Erstbegehungen (hauptsächlich in Schweden) nicht. Und die 7 Tage mit verschiedenen arbeiten in Babylon gab auch kein Geld in der Tasche und Berühmtheit schon gar nicht. Aber, Sie müssen keine angst haben, die undankbare Arbeit mit Routeneinrichten habe ich aufgegeben. Vielleicht machen Sie weiter?
Toby Winther (Sonntag, 26 Juni 2022 17:48)
Danke für deine Antwort Volker. Und für deine Neutourenerschliessungen. Es gibt tatsächlich andere Einschätzungen ausserhalb meines Freundeskreises die etwas mehr positiv sind gegenüber die Route Babylon, hier nur ein Beispiel: https://www.thecrag.com/en/climbing/switzerland/alpen/berner-oberland/route/3937356276
Natürlich ist Babylon nicht einen von den besten Routen an den Platten. Die Linie ist nicht direkt, zweite SL hat sehr viel grünes. Ich habe an den Steingletscherplatten zwei Routen eingerichtet und eine dritte beabsichtigt. Der Grund ursprünglich war dass ich in den letzten 25 Jahren durch alle Routen dort (und viele andere in den Alpen) geklettert bin. Manchmal sind die Routen an den Platten überlaufen und ich dachte es wäre gut mit noch ein Paar als Ausweichziel. Allerdings wurden die besten Linien bereits vor Jahren gemacht (Jugendweg, Petra, Hörnligödel etc etc). So blieb mir das was übrig war. Die zweite Seillänge in Babylon ist für mich die problematische da der Kletterer durchs Gemüse muss...die Seillängen 1, 4, 5 und 6 finde ich selber recht interessant und kletterwert. SL 5 & 6 verdienen vielleicht sogar ein Stern. Mit dein Kritik bezüglich Bohrhakenabstände bin ich nicht ganz einig, aber dass ist deine Meinung (in der ersten SL sitzt der letzte BH tatsächlich zu weit links, ist mir bewusst). Vor 30 Jahren waren die Platten mehr schlecht als recht eingerichtet. In den letzten zehn Jahren wurde viel Retrobolting gemacht. Der Schwierigkeitsgrad von Babylon kann diskutiert werden (und evtl. auch in künftigen Kletterführer geändert werden!). Ein Paar Feedbacks meinen die letzte SL ist 6a oder 6a+ und nicht 5c+. Keine böse Absicht meinerseits jemandem zu "Sandbaggen". Übrigens richteten wir von der Absatz nach SL 4 noch drei Sportkletterrouten am linken Felswand ein. Nach ein durchklettern von Babylon kann Kletterer die bock darauf haben, noch 2-3 von diesen 20 m Routen anhängen. Bezüglich meine "dritte" Route in Planung an den Platten - den habe ich gecancelt, da ich nicht mehr eine qualitative Möglichkeit fand.
Volker (Admin) (Montag, 27 Juni 2022 10:36)
Volker (Admin) (Sonntag, 26 Juni 2022 15:42)
Vielen Dank für die Rückmeldung. Gerne nehme ich dazu wie folgt Stellung. Nur vorweg, ich richte selbst sowohl Alpintouren als auch Klettergarten Routen ein und ich denke ich weiß von was ich spreche. Nach über 1000 Alpinrouten glaube ich auch, dass ich eine Bewertungseinschätzung sowohl für die Schwierigkeitsgrade als auch für die Route selbst abgeben kann. Um eine Route einzurichten, egal wo, braucht es dafür eine sehr gute Ortskenntnis und ein noch besseres Auge. Es nützt leider nicht viel, wenn einem Freunde, ohne die nötige Kritik nur auf die Schulter klopfen. Selbst wenn manchmal die Masse vermeintlich falsch liegt, entscheidet sie letztendlich doch über Wohl und Wehe. Und wenn man als Routeneinrichter oder Führerautor in der Öffentlichkeit steht, muss man bereit sein, Kritik zu ertragen. Auch wenn es manchmal weh tut und man selbst denkt, die anderen liegen falsch.
Ich verstehe auch nicht ganz warum ihr für so eine kurze Route sieben Tage gebraucht habt. Das ganze hätte ich in zwei Tagen erledigt. Bzw. mir besser vorher angeschaut, wo es sich lohnt für eine gute Tour Bohrhaken und Arbeit zu investieren. Platz dazu gibt es ja in den Alpen genug. Es tut mir sehr leid, wenn man das so hart schreiben und sagen muss. Aber so ist es nun mal aus meiner Sicht.
Noch eine persönliche Anmerkung: Aus meiner Sicht ist der Fels ein Allgemeingut und wer eine Erstbegehung breit veröffentlicht, sollte in der heutigen Zeit auch Verantwortung zeigen und Gefahrenstellen minimieren oder es so kundtun, dass vor Tourenantritt klar ist, auf was man sich einlässt. D.h. in diesem Fall: Absicherung von so..so (schlecht) bis gut+. Und schon gar nicht zwei Grade unterbewerten. Jeder der so lange klettert, weis das diese Bewertungen so niemals stimmen. Viele müssen doch ihre Routen u.a. auch nach dem Schwierigkeitsgrad aussuchen oder haben schwächere Kletterer am Seilende. Auf diese Weise werden schöne Klettertage ruiniert. Was soll das also?
Letztlich wäre dann von vorne herein klar, das so eine Tour wohl kaum Wiederholer findet.
Glück hat, wer mit einem "topoguide" unterwegs sein kann...
Toby Winther (Montag, 27 Juni 2022 11:04)
Danke für Ihre Rückmeldung. Mit der Kritik gegenüber den Bohrhakenabständen bin ich nicht einverstanden. Sind Sie eigentlich mehr als nur die ersten beiden Längen geklettert? Übrigens hat der Tour geschätzte 30-40 Wiederholungen. Die Route Schwedentorte (meine erste Erstbegehung an den Platten) sicher deutlich mehr. Bezüglich Grad gibt es mehrere Rückmeldungen das es stimmt ausser für die letzte Länge. Viele Leute die neue Touren einrichten werden diese Zeilen lesen und sich Fragen ob es sich lohnt Ihr Verlag die neuen Routen zu melden. Im Vergleich kann ich erwähnen das dass renommierte Schweizer Verlag Filidor (dessen Topoführer von vielen Möchtegernverlegern abgekupfert werden) mich und meinen Kollegen bei den Erstbegehungen mehrere Bücher gratis als kleines dankeschön fürs Einrichten überreicht hat. Von Ihnen dagegen kommt nicht nur sachliche Kritik bezüglich Bohrhakenabstände und Linienführung, sondern auch Beleidigungen (komisch, verewigen, Klettertage ruiniert, etc).