Vom Tal aus lässt sich die Nordwand der Rocchetta
Alta di Bosconero nur teilweise einsehen und ihre
Steilheit bestenfalls erahnen. Erst nach dem Aufstieg
zur Casera di Bosconero sieht man die Wand in ihrer
vollen Größe. Der Fels ist fest, aber begeistert wird nur
derjenige sein, der sich in dieser dunklen Nordwand
wohlfühlt und die nicht immer offensichtliche Linie
problemlos findet. Auch unter Freikletteraspekten ist
die »Navasa« eine super Tour in rauem alpinem Ambiente.
Der Vergleich mit der Großen Zinne drängt sich
auf, denn ein Rückzug ist wegen der Quergänge und
Überhänge auch hier nur schwer vorstellbar. Einziger
Wermutstropfen ist der Abstieg zum Schneefeld über
brüchige Geröllschrofen.
Die »Strobelkante« ist im Gegensatz zur »Navasa«
schon vom Tal aus gut sichtbar, jedoch nicht ganz so
elegant und schön zu klettern wie diese. Sofern man
des VII. Grades nicht mächtig ist, werden wohl viele
Haken zu naturgegebenen Griffen umfunktioniert
werden müssen. Auch eine gute Ausdauer kann nicht
schaden. Die Führe zählt zu den begehrten großen
Dolomiten-Klettereien. Sie wurde von den »Scoiattoli«
(Eichhörnchen) aus Cortina erstbegangen, die diese
Tour ihrem Kameraden Michielli Albino »Strobel«
widmeten, der 1964 am Torre Falzarego tödlich verunglückte.
Die Tour verläuft immer rechts der Kante,
nie direkt an ihr, dabei überraschend oft durch steile,
rissdurchzogene und meist griffige Wandstufen. Leider
ist der Fels nicht immer optimal fest und die Behakung
nur Dolomitendurchschnitt.
Die Casera di Bosconero wurde um eine gemütliche
und saubere Holzhütte erweitert. Sie wird neuerdings
von einer netten Kletterin bewirtschaftet, die gerne die
letzten Infos gibt.