Für uns war die »Vertige« die absolute Toptour im linken
Sektor, die den alten Klassikern sicher bald den
ersten Rang streitig machen wird. Im Mittelteil mussten
die Erstbegeher zwar oft einen weiten Bogen um
die vielen alten Wege machen – und dennoch fühlten
sich Gralshüter sogleich berufen, einige Bohrhakenlaschen
zu entfernen –, doch macht vielleicht gerade
diese Wegführung mit einigen Extrametern den Reiz
der Route aus. Sie verläuft über edelstes Felsmaterial
mit Sintern, Tropflöchern und Monsterhenkeln,
in denen
oft die ganze Hand verschwindet. Nach oben hin
wird es richtig spektakulär und athletisch. Damit man
nicht ganz zerrupft am Ausstieg ankommt, sollte man
schon gut im siebten Grad unterwegs sein und nicht
nur mit der Ausdauer für eine Seillänge anreisen.
In der »Goutte-à-goutte« geben die ersten beiden Seillängen
gleich den Takt vor. Dennoch sind sie nur ein
Vorgeschmack auf den Wunderfels im oberen Teil.
Dort dominiert steile, athletische Henkelei. Oft sind
die Riesentaschen und Tropflöcher kaum von unten
auszumachen. Aber spätestens wenn alle Finger in
einem Henkel verschwunden sind, kommt der Juchzer.
Verschnaufpausen in den Seillängen sind selten.
Die Kraft möchte also gut eingeteilt werden. Einem
Klassiker angemessen, ist die Absicherung fordernd,
und damit die Route mit Genuss geklettert werden
kann, ist ein höheres Niveau, als es die eigentlichen
Schwierigkeiten verlangen, keinesfalls nachteilig. Diese
haben wir übrigens, wie so oft, um bis zu einem
Grad angehoben.